Krankenhaus-Report 2012

Schwerpunkt: Regionalität

In Deutschland sind Nachfrage und Angebot stationärer Versorgung regional sehr unterschiedlich – sowohl zwischen den einzelnen Bundesländern als auch zwischen städtischen und ländlichen Regionen. Dabei spielen eine sehr heterogene Altersstruktur ebenso eine Rolle wie angebotsseitige Faktoren und in der medizinischen Versorgungspraxis wurzelnde Gepflogenheiten. Der Krankenhaus-Report 2012 geht auf den Stellenwert dieser lokalen Unterschiede ein.

Inhaltsverzeichnis

Teil I Schwerpunktthema: Regionalität

Regionalität – Anmerkungen aus ordnungspolitischer Sicht

Klaus Jacobs, Wilhelm F. Schräder und Jürgen Wasem

Vom Wettbewerb erwarten sich die Ökonomen einen Beitrag zu einer effizienten, den Bedürfnissen der Nachfrager entsprechenden Versorgung mit Gütern und Diensten und eine leistungsgerechte Verteilung der Ressourcen. Im Vergleich zu vielen anderen Bereichen der Wirtschaft wird das Gesundheitswesen überwiegend nicht über wettbewerbliche Mechanismen gesteuert, vielmehr dominieren korporative Koordination und staatliche Administration. In der Krankenhausversorgung besteht gegenwärtig Wettbewerb insbesondere auf dem Behandlungsmarkt zwischen Krankenhäusern um Patienten und ihre einweisenden Ärzte. Hingegen besteht kaum Wettbewerb auf dem Leistungsmarkt zwischen Krankenhäusern um Verträge mit Krankenkassen („Vertragswettbewerb“). Politisch werden sowohl Modelle zur Stärkung des Wettbewerbs auf dem Behandlungsmarkt als auch Konzepte zum Ausbau des Vertragswettbewerbs diskutiert. Damit der Wettbewerb auch um Qualität geführt werden kann, ist in beiden „Welten“ erforderlich, dass die bestehende Informationsasymmetrie zwischen den Leistungsanbietern und den Kunden überwunden wird. Dazu ist erforderlich, dass Qualitätsinformationen an den Bedarf der Nutzer angepasst werden. Erforderlich ist allerdings auch, dass das Qualitätsargument in den Entscheidungskalkülen der Akteure einen hinreichenden Stellenwert im Vergleich zu den anderen entscheidungsrelevanten Parametern einnimmt. Dazu müssen auch regulative Voraussetzungen geschaffen werden.

Regionale Unterschiede in der stationären Versorgung: Das ländliche Krankenhaus im Fokus

Boris Augurzky, Andreas Beivers und Hendrik Schmitz

Die geodemografische Entwicklung wird dazu führen, dass vor allem strukturschwache ländliche Räume, insbesondere in den neuen Bundesländern, neben der Alterung spürbare Bevölkerungseinbußen erleiden werden. Die derzeitige Krankenhausinfrastruktur kann daher in manchen Gebieten nicht voll aufrechterhalten werden. Basierend auf den Analysen des Krankenhaus Rating Reports (KRR) 2011 beobachten wir, dass schon heute die wirtschaftliche Lage der ländlichen Grundversorger (bis 300 Betten) am schlechtesten aussieht, gefolgt von den städtischen Grundversorgern. Ländliche und städtische Spezialisten liegen dagegen im Durchschnitt. Große Versorger (über 300 Betten) weisen die beste wirtschaftliche Lage auf – sowohl im ländlichen als auch im städtischen Raum. Allerdings stehen ländliche und städtische Grundversorger in nicht-kommunaler Hand signifikant besser da als kommunale. Bei der ländlichen Grundversorgung ist daher erstens über eine Strukturanpassung, wie größere oder spezialisierte Einheiten nachzudenken – egal ob in kommunaler oder anderer Trägerschaft – und zweitens ist zu diskutieren, weshalb kleine ländliche Grundversorger in nicht-kommunaler Hand weit besser abschneiden als solche in kommunaler Hand.

Geografische Variationen in der stationären Versorgung: Internationale Erfahrungen

Philipp Storz-Pfennig

Immer wieder sind erhebliche unerklärte Variationen von Krankenhaus- und anderen Gesundheitsleistung zwischen Leistungserbringern oder Regionen in Ländern beobachtet worden, für die solche Analysen durchgeführt wurden. Selbst wenn bedarfsbezogene Faktoren und Ergebnisunterschiede einbezogen werden, verbleiben in der Regel noch erhebliche Unterschiede. Vor dem Hintergrund zunehmender Leistungszahlen, der Alterung, medizinischer Innovationen und steigender Kosten – und insbesondere bezogen auf das Ziel einer zunehmend evidenzbasierten Gesundheitsversorgung – sind solche Variationen beunruhigend. Dennoch ist es bisher nur begrenzt gelungen, solch offenkundig fragwürdige Variationen zu reduzieren. Daher werden neue Ansätze benötigt, mit deren Hilfe die Ursachen erkannt und Verbesserungsmöglichkeiten angestoßen werden können. Falls Ergebnisse die Erwartungen bestätigen, dass die Versorgung angebots- und erlösorientiert statt bedarfsorientiert und Leistungen zudem vermehrt mit fraglicher Evidenzbasierung erbracht werden, sind praktische Konsequenzen erforderlich.

Regionale Unterschiede in der Inanspruchnahme von Hüft- und Knieendoprothesen

Torsten Schäfer, Csilla Jeszenszky, Klaus-Peter Günther, Jürgen Malzahn und Fritz Uwe Niethard

Der endoprothetische Ersatz von Hüft- und Kniegelenk ist Bestandteil der Routineversorgung und wird bedingt durch den demografischen Wandel vermutlich weiter zunehmen. Aus Sicht der Versorgungsforschung sind regionale Unterschiede in der Operationshäufigkeit von besonderem Interesse, da sie Hinweise insbesondere für eine Überversorgung geben können. Das Ziel dieser Untersuchung war es, geografische Versorgungsunterschiede für den Hüft- und Kniegelenksersatz in Deutschland anhand eines großen Kollektivs von gesetzlich Versicherten darzustellen. Es wurden insgesamt 1.436.344 Fälle von stationär versorgten AOK-Versicherten der Jahre 2005 bis 2009 analysiert. Die Eingriffe zur primären Hüft- und Kniegelenksendoprothetik wurden anhand von OPS-Codes definiert und rohe wie auch altersstandardisierte Eingriffsraten berechnet. Die geografische Analyse und Darstellung, auch nach Geschlechtern stratifiziert, erfolgte auf Bundesland- und Kreisebene mithilfe des Programms InstantAtlas™. Insgesamt lagen die rohen (und altersstandardisierten) Raten für den Hüft- und Kniegelenksersatz bei 280,6 (150,7) beziehungsweise 217,2 (134,1) pro 100.000 und Jahr. Für die Inanspruchnahme des künstlichen Hüftgelenkersatzes zeigten sich große regionale Unterschiede bis zum Faktor 2,6. Besonders hohe Operationsraten fanden sich in Bayern, Thüringen und Teilen Nordwestdeutschlands. Bei der Kniegelenksendoprothetik waren die regionalen Versorgungsunterschiede noch ausgeprägter und erreichten in der kleinräumigen Analyse bei den Männern den Faktor 4,3. Wiederum zeichnen sich die Bundesländer Bayern und Thüringen, aber auch Teile Hessens und Niedersachsens durch eine überdurchschnittliche Inanspruchnahme aus. Diese umfassende Analyse zeigt auf insgesamt hohem Versorgungsniveau erhebliche geografische Unterschiede für den künstlichen Hüft- und Kniegelenksersatz innerhalb Deutschlands. Diese Daten sollen Diskussionen über Versorgungsunterschiede anregen und als Ausgangspunkt für weitere hypothesengerichtete Analysen und Studien dienen.

Regionale Unterschiede bei Hysterektomien und Ovariektomien

Max Geraedts und Marc Malik

Für Hysterektomien und Ovariektomien bei benignen Grunderkrankungen sind international regionale Versorgungsvariabilitäten vielfach belegt. Auf der Basis von AOK-Daten aus dem Jahr 2008 bestätigt der Beitrag diesen Befund auch für Deutschland. Bei einer Aufteilung Deutschlands in 100 etwa gleich große Regionen bestehen bei Hysterektomien regionale Unterschiede in der Leistungsinanspruchnahme um den Faktor 2,6 und bei Ovariektomien um den Faktor 3,4. Gleichzeitig variiert die regionale Versorgungsstruktur immens, indem sich die Zahl der Fachabteilungsbetten pro Kopf der weiblichen Bevölkerung bis zu einem Faktor von 4,4 unterscheiden. Der ebenfalls international belegte Zusammenhang zwischen hoher Angebotsdichte und hoher Leistungsinanspruchnahme kann jedoch für Deutschland nicht bestätigt werden. Stattdessen müssen alternative Erklärungsmöglichkeiten für die regionale Versorgungsvariabilität, vor allem eine regional unterschiedliche Indikationsstellung weiter erforscht werden.

Regionale Unterschiede und deren Determinanten im Bereich der Wirbelsäulenchirurgie

Torsten Fürstenberg, Karsten Zich und Robert Haustein

Der Beitrag untersucht regionale Variationen der stationären Leistungserbringung von der Implantation von Cages bei einer Wirbelkörperversteifung und der Implantation von Bandscheibenendoprothesen basierend auf der fallpauschalenbezogenen Krankenhausstatistik. Beide Verfahren zeigen deutliche Zunahmen der Fallzahlen im Zeitraum 2007 bis 2009, bei den Cage- Implantationen um jahresdurchschnittlich 30 Prozent und bei den Bandscheibenendoprothesen um zehn Prozent. Gleichzeitig hat sich bei ersteren die Altersstruktur deutlich verschoben. Besonders starke Zunahmen der Operationsraten zeigten sich bei den 65- bis 74-Jährigen: von 5,0 im Jahr 2007 auf 9,3 je 10.000 Einwohner dieser Altersgruppen im Jahr 2009. Regionale Variationen sind bei den Bandscheibenendoprothesen deutlicher ausgeprägt als bei den Cage-Implantationen. Der Gini-Koeffizient beträgt für die Cage-Implantationen 0,24 und für die Implantation von Bandscheibenendoprothesen 0,39. Die zehn Prozent der Kreise mit den höchsten Operationsraten bei Cage- Implantationen weisen nach Altersstandardisierung im Mittelwert eine um den Faktor 4,8 höhere Operationsrate auf als die zehn Prozent der Kreise mit den niedrigsten Operationsraten. Bei den Bandscheibenendoprothesen beträgt dieser Faktor 12,8.

Anhand eines linearen Regressionsmodells wurde der Einfluss von Merkmalen der Morbidität der Bevölkerung, der Angebotskapazitäten und -strukturen des stationären und ambulanten Sektors sowie sozio-demografische Variablen auf die Operationsraten bestimmt. Insgesamt ist die Erklärungskraft dieser Einflussgrößen gering. Die deutlichen regionalen Unterschiede der Operationsraten sind eher als Indikatoren für unterschiedliche „surgical signatures“ in den einzelnen Regionen zu deuten.

Aufgrund der hohen ökonomischen Bedeutung der untersuchten Operationen sollten die regionalen Unterschiede hinsichtlich der möglichen Ursachen, insbesondere unterschiedlicher „surgical signatures“ und des Inanspruchnahmeverhaltens der Bevölkerung sowie bezüglich der indikationsspezifischen Unterschiede weiter untersucht werden.

Erreichbarkeit von Krankenhäusern

Martin Spangenberg

Die aktuelle Analyse der Erreichbarkeit von Krankenhäusern zeigt, dass 73,2 Prozent der Bevölkerung in zehn Minuten und 97,5 Prozent in 20 Minuten das nächste Krankenhaus der Grundversorgung erreichen. Damit ist die Situation 2008 im Vergleich zu 2003 nahezu unverändert, obwohl sich im selben Zeitraum die Gesamtzahl der Krankenhäuser von 2.197 auf 2.083 verringert hat. Sollte die Zahl der Krankenhausstandorte zukünftig sinken, etwa aufgrund der Bevölkerungsentwicklung oder von Konzentrationsprozessen im Markt, kommt es neben neuen Versorgungsformen für die Aufrechterhaltung einer gut erreichbaren stationären Grundversorgung darauf an, die richtigen Krankenhausstandorte zu erhalten. Eine kreisbezogene Planungsebene ist hier eher ungeeignet, da beispielsweise zum Teil sehr große ländliche Planungskreise existieren. Sinnvoller ist die Orientierung am Raster der landesplanerisch ausgewiesenen zentralen Orte und dabei für die Krankenhäuser der Grundversorgung an Mittel- und Oberzentren (rund 1.000 Gemeinden). Analysen zeigen, dass man für die Sicherstellung der Grundversorgung auch mit deutlich weniger zentralen Orten auskommen kann, im Extremfall wäre zum Beispiel eine Halbierung der Mittelzentren auf circa 400 möglich. Das lässt den Schluss zu, dass ein räumlich optimiertes Standortnetz von Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung ebenfalls mit weitaus weniger Standorten auskommen könnte, ohne dass daraus substanzielle Einbußen bei der Erreichbarkeit resultierten.

Auswirkungen einer Zentralisierung von Leistungen auf die Flächendeckung der Versorgung – Ergebnisse aus einem Modell zur Zentrenbildung

Markus Lüngen und Guido Büscher

Basierend auf einem Beitrag im Krankenhaus-Report 2011 (Lüngen und Büscher 2011) entwickeln die Autoren das bestehende Modell hinsichtlich der Berücksichtigung von KH-Kapazitäten und Qualität weiter. Im Ergebnis wird für ausgewählte Indikationen dargestellt, wie viele (und welche) Standorte im Zuge einer Optimierung von Wegezeiten gegenüber der aktuellen Situation verbleiben sollten beziehungsweise wie viele und welche entfallen könnten. Der Beitrag verdeutlicht auch die Chancen und Risiken dieser empirischen/methodischen Unterstützung bei der Standortplanung.

Direktverträge für stationäre Leistungen – Chance für mehr Qualität und Wirtschaftlichkeit im Krankenhaussektor

Thomas Göbel und Johannes Wolff

Bislang existiert weder eine gesetzliche Möglichkeit für einen Vertragswettbewerb im Bereich vollstationärer Leistungen noch ein einheitliches Grundmodell der Krankenkassen, wie dieser Wettbewerb gestaltet werden könnte. Das vorgeschlagene Modell stellt zu diesem Zweck die Qualität der stationären Leistungen in den Mittelpunkt des Vertragswettbewerbs zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen für ausgewählte, planbare, stationäre Leistungen und vereint damit bestehende Ansätze neu. Ziele der Krankenkassen in diesem Modell sind die Verbesserung der Qualität stationärer Leistungen, indem die Kassen nicht mehr verpflichtet sind, mit Krankenhäusern mit schlechter Qualität zu kontrahieren, die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit durch die Möglichkeit Preisverhandlungen zu führen sowie die Verbesserung des Charakters des Wettbewerbs selbst durch die Schaffung der Möglichkeit, die Versorgung im Sinne der Versicherten und Patienten zu gestalten. Das dazu notwendige Modell wird hinsichtlich der relevanten Parameter spezifiziert und anhand eines Praxisbeispiels für Knieendoprothesen-Implantationen und Geburten auf das Bundesland Hessen übertragen. Dabei wird der Definition einer für den Wettbewerb geeigneten Region besondere Beachtung geschenkt.

Regionalität – wettbewerbliche Überlegungen zum Krankenhausmarkt

Michael Coenen, Justus Haucap und Annika Herr

In den letzten Jahren haben die durch das Bundeskartellamt behandelten Fusionskontrollverfahren im Krankenhaussektor zu einer anhaltenden wettbewerbsökonomischen Debatte geführt. Als eine wichtige Erkenntnis hat sich hierbei ergeben, dass für den überwiegenden Bereich der akutstationären Krankenhausversorgung von einer vergleichsweise engen räumlichen Marktabgrenzung auszugehen ist, der Wettbewerb zwischen Krankenhäusern daher „in der Region“ ausgetragen wird. Das vorliegende Papier untersucht Regionalität und Krankenhauswettbewerb unter verschiedenen Aspekten: Insbesondere beleuchten wir die marktverschließenden Wirkungen der dualistischen Krankenhausfinanzierung, gehen auf die besondere Problematik von Krankenhäusern in der Fusionskontrolle ein und arbeiten das Ob und Wie wesentlicher Konsequenzen von Regionalität in der Versorgung mit Krankenhausleistungen heraus. Zudem greifen wir den Vorschlag der Monopolkommission auf, die Fusionskontrolle im Krankenhausbereich zu verschärfen, um der Regionalität der Krankenhausmärkte gerecht zu werden.

Technische Effizienz deutscher Krankenhäuser – Einfluss von Trägerschaft, Rechtsform und regionalem Wettbewerb

Alexander Karmann, Bernt-Peter Robra, Thomas Topf und Andreas Werblow

Der vorliegende Beitrag untersucht die Entwicklung der Effizienz deutscher Krankenhäuser für die Jahre 2002 bis 2008. Die anonymisierten Krankenhausdaten des Forschungsdatenzentrums der Statistischen Landesämter dienen als Datenbasis. In einem ersten Schritt werden die Effizienzwerte der einzelnen Krankenhäuser in einer sog. Effizienzfrontanalyse (Data Envelopment Analysis, DEA) ermittelt. Output der DEA ist die Anzahl der Fälle, die in einem Krankenhaus behandelt werden. Die Fallschwere wird über den mittleren Schweregrad der wichtigsten Fachabteilungen berücksichtigt. Inputs sind die Zahl der Vollkräfte und die Sachkosten in konstanten Preisen (2005). In einem zweiten Schritt prüft eine Regression den Einfluss exogener Faktoren auf diese Effizienzwerte. Zu den exogenen Faktoren zählen Wettbewerbsindikatoren, die sowohl den Standort des Krankenhauses (Landkreis) als auch das Einzugsgebiet des Krankenhauses abbilden, wobei im letzteren Fall auch die durchschnittliche Entfernung der Patienten zum Krankenhaus berücksichtigt wird. Die durchschnittliche Effizienz der Krankenhäuser im Untersuchungssample ist zwischen den Jahren 2002 und 2008 um 10 Prozentpunkte angestiegen, am stärksten im Jahr 2003. Im Jahr 2008 erzielten die beiden „besten“ Bundesländer eine durchschnittliche Effizienz von über 80 Prozent, das Schlusslicht hatte eine Effizienz von circa 70 Prozent. Die größte Effizienzsteigerung konnten die Häuser in Berlin verzeichnen, während sich die Krankenhäuser im Saarland über den Untersuchungszeitraum verschlechterten. Private Krankenhäuser sind signifikant effizienter als öffentliche Eigenbetriebe, öffentliche Krankenhäuser in privater Rechtsform und freigemeinnützige Krankenhäuser. Regionaler Wettbewerb, gemessen über den Herfindahl-Hirschman-Index (HHI), und Effizienz stehen in einem positiven Zusammenhang. Andererseits sind hohe Marktanteile der einzelnen Krankenhäuser mit einer höheren Effizienz verbunden. Die nachfrageseitige Marktbestimmung über das Einzugsgebiet hat einen stärkeren Einfluss auf die Effizienz eines Krankenhauses als die geographische Standortabgrenzung.

Der Einfluss der Ärztedichte auf ambulant-sensitive Krankenhausfälle

Leonie Sundmacher und Reinhard Busse

Ambulant-sensitive Krankenhausfälle (ASK) oder auch potenziell vermeidbare Krankenhausaufenthalte werden diejenigen Hospitalisierungen genannt, die durch effektive Behandlung im ambulanten Sektor hätten verhindert werden können. Die vorliegende Studie untersucht den Zusammenhang zwischen ansteigender Vertragsarztdichte und standardisierten ASK bei Männern auf Ebene der 413 deutschen Kreise und kreisfreien Städte. Im Rahmen eines generalisierten linearen Regressionsmodells wurde der Einfluss ansteigender Versorgungsdichte verschiedener Arztgruppen auf verschiedene Indikationsgruppen ambulant-sensitiver Krankenhausfälle untersucht. Innerhalb der Modelle wurden nicht-lineare Einflüsse der ärztlichen Versorgungsdichte auf die ASK-Raten modelliert und für Lebensstil, Lebenserwartung, Altersverteilung, Umwelteinflüsse, sozioökonomische Faktoren und Entfernungen zu Versorgungszentren kontrolliert. Unsere Ergebnisse zeigen, dass in einem mittleren Bereich der vorgefundenen Versorgungsdichten, ein Anstieg der standardisierten Anzahl ambulant tätiger Ärzte stark mit sinkenden ASK-Raten korreliert. In diesen mittleren Bereich der Vertragsarztdichte fällt die deutliche Mehrheit der 413 Kreise und kreisfreien Städte. Bei starkem Wettbewerb kehrt sich dieser Zusammenhang bei einigen Facharztgruppen jedoch um und eine sehr hohe Fachärztedichte ist mit steigenden ASK-Raten verbunden.

Spezialärztliche Versorgung – Plädoyer für eine Neuordnung

Uwe Klein-Hitpaß und Wulf-Dietrich Leber

In den letzten 20 Jahren sind im deutschen Sozialrecht fast zwei Dutzend Rechtsformen für die ambulante Krankenhausbehandlung entstanden. Unter dem Begriff „spezialärztliche Versorgung“ steht eine gesetzliche Neuordnung an, um einen Rechtsrahmen zu schaffen, der gleichermaßen für Krankenhausambulanzen und für Vertragsärzte gilt. Aus Sicht der Krankenkassen gilt es, Verhandlungsstrukturen mit Mengen- und Preissteuerung zu schaffen, die sich an den Stimmenverhältnissen im Gemeinsamen Bundesausschuss orientieren. Vorrangig ist dies im Bereich des ambulanten Operierens. Für Hochschulambulanzen, psychiatrische Institutsambulanzen und die teilstationäre Versorgung sollten differenzierte Gebührenordnungen entwickelt werden, um die Quartalspauschalen zu ersetzen und so breitflächig die Substitution stationärer Leistungen zu ermöglichen.

Teil II Zur Diskussion

Pay-for-Performance – Einsparungen und Bonuszahlungen am Beispiel Hüftendoprothesen-Implantation

Jürgen Malzahn, Christian Günster und Claus Fahlenbrach

Pay-for-Performance (P4P) knüpft die Vergütung von Gesundheitsleistungen an deren Qualität. Elektive, das heißt planbare Eingriffe wie der Hüftgelenkersatz bei Gelenkverschleiß sind für einen P4P-Ansatz besonders geeignet. Der Hüftgelenkersatz ist in Deutschland ein häufiger und weit verbreiteter Eingriff. Ein System zur Qualitätsbewertung der Ersatzoperation steht mit dem Verfahren „Qualitätssicherung mit Routinedaten“ (QSR) zur Verfügung. Beim Gelenkersatz sind erhebliche Variationen der Ergebnisqualität sowie von komplikationsbedingten Folgekosten und den stationären Gesamtbehandlungskosten unter den Kliniken feststellbar. Überdurchschnittlich gute Krankenhäuser lösen geringere Krankenhausfolgekosten aus. Auf dieser Basis könnten P4P-Verträge vereinbart werden, die Wirtschaftlichkeitspotenziale mit hohen Qualitätsstandards unmittelbar verbinden und sowohl eine Bonuszahlung an das Krankenhaus als auch eine Einsparung für die Krankenkasse ermöglichen. In zwei Modellen stellt der Beitrag Umsetzungsoptionen für einen P4P-Ansatz vor, bei denen Teile dieser Einsparungen als Bonuszahlungen an am P4P-Modell teilnehmende Kliniken ausgeschüttet werden, um Anreize zur weiteren Qualitätssteigerung zu stärken.

Technologische Innovationen und DRGs: Ein Vergleich der Vergütungsinstrumente in elf europäischen Ländern

David Scheller-Kreinsen, Wilm Quentin, Claudia Reiche, Julia Röttger, Alexander Geissler und Reinhard Busse

Vergütungsmechanismen beeinflussen den Einsatz und die Diffusion von technologischen Innovationen maßgeblich. Ungeachtet dessen liegen keine umfassenden Studien vor, die die Vergütungsmechanismen und Instrumente für technologische Innovationen im stationären Sektor in europäischen Gesundheitssystemen vergleichen. Vor diesem Hintergrund erörtert der vorliegende Beitrag zunächst die Problemstellung der Vergütung technologischer Innovationen in DRG-basierten Vergütungssystemen. Anschließend werden die kurzfristigen Instrumente zur Vergütung von technologischen Innovationen im stationären Sektor und deren Anwendung in elf europäischen Ländern analysiert. Zudem werden die langfristigen Mechanismen zur Integration technologischer Innovationen in DRG-basierten Vergütungssysteme in diesen Ländern untersucht. Die Auswertung zeigt, dass sich die langfristigen Mechanismen zur Integration von technologischen Innovationen innerhalb Europas insbesondere hinsichtlich i) der Häufigkeit von System-Updates sowie ii) der zeitlichen Differenz zur verwendeten Datengrundlage stark unterscheiden. Zudem werden drei „Typen“ kurzfristiger Vergütungsinstrumente im Kontext von DRG-basierten Vergütungssystemen identifiziert: die separate Vergütung außerhalb des DRG-basierten Vergütungssystems, die zusätzliche Vergütung von technologischen Innovation, die sich jedoch grundsätzlich an Fallpauschalen orientiert, sowie die spezielle Vergütung von Kostenausreißern. Insgesamt zeigt sich, dass die Vergütung von technologischen Innovationen in DRG-basierten Vergütungssystemen innerhalb Europas sehr unterschiedlich gelöst wird. In der Diskussion der Vor- und Nachteile nationaler Vergütungsstrategien, wie zum Beispiel im Kontext des G-DRG Systems, sollten die Herangehensweisen und Erfahrungen in europäischen Nachbarländern stärker berücksichtigt werden.

Einrichtungsübergreifende Qualitätssicherung der Gallenblasenentfernung auf der Basis von Routinedaten

Günther Heller und Elke Jeschke

Im vorliegenden Beitrag wird ein Qualitätsmessverfahren für „elektive Gallenblasenentfernungen“ auf der Basis von Routinedaten vorgestellt, das eine einrichtungsübergreifende Betrachtung unter Berücksichtigung stationärer und poststationärer Ereignisse erlaubt. Dazu wurden Qualitätsindikatoren gebildet. Um eine statistisch verlässliche Qualitätsmessung zu erreichen und gleichzeitig die Ergebnisqualität breiter und umfassender in einer Kennzahl abbilden zu können, wurden die einzelnen Indikatoren zusätzlich zu einem Qualitätsindex zusammengefasst. Abschließend wurden erste regionale Analysen auf Basis dieses Qualitätsindex durchgeführt. Es fanden sich Hinweise auf mögliche Qualitätsdefizite in der Versorgung der elektiven Gallenblasenchirurgie in ländlichperipheren Regionen, die allerdings weiterer Untersuchung bedürfen.

Teil III Krankenhauspolitische Chronik

Krankenhauspolitische Chronik

Dirk Bürger und Christian Wehner

Teil IV Daten und Analysen

Die Krankenhausbudgets 2009 und 2010 unter dem Einfluss des KHRG

Helena Kramer, Gregor Leclerque und Jörg Friedrich

Die im Krankenhausfinanzierungsreformgesetz (KHRG) verankerten Maßnahmen zur Aufstockung des Finanzierungsvolumens der Krankenhäuser entfalten nach den starken Budgetzuwächsen des Jahres 2009 im Jahr 2010 ihre umfassende Wirkung. Mit dem Wegfall der ausschließlich im Jahr 2009 relevanten Regelungen zur Ausgabenbegrenzung der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung wie dem Abschlag für vereinbarte Mehrleistungen und der Konvergenzverlängerung steigen die vereinbarten Krankenhausbudgets im Jahr 2010 ein zweites Mal in Folge sehr deutlich an. Neben den Preiseffekten aus den Regelungen des KHRG ist aber auch 2010 weiterhin eine deutliche Leistungsausweitung in den vereinbarten Krankenhausbudgets festzustellen.

Statistische Krankenhausdaten: Grund- und Kostendaten der Krankenhäuser 2009

Ute Bölt

Dieser Beitrag fasst die Ergebnisse der Krankenhausstatistik zu den Grund- und Kostendaten der Krankenhäuser für das Berichtsjahr 2009 zusammen. Er gibt einen Überblick über die sachlichen und personellen Ressourcen (zum Beispiel Betten, Fachabteilungen, Personal) sowie die Inanspruchnahme von Krankenhausleistungen (Patientenbewegungen) und beziffert die Aufwendungen für Personal- und Sachkosten. Die Krankenhausstatistik ist eine seit 1991 bundeseinheitlich durchgeführte jährliche Vollerhebung. Auskunftspflichtig sind die Träger der Krankenhäuser. Die Diagnosedaten der Krankenhauspatienten werden wie die fallpauschalenbezogene Krankenhausstatistik (DRG-Statistik) jeweils in einem gesonderten Beitrag behandelt (siehe Kapitel 20–21)

Statistische Krankenhausdaten: Diagnosedaten der Krankenhauspatienten 2009

Torsten Schelhase

Die Diagnosen der Krankenhauspatienten bilden das gesamte vollstationäre Geschehen in den deutschen Krankenhäusern ab. Dieser Beitrag beschreibt die Ergebnisse der Diagnosedaten der Krankenhauspatienten für das Jahr 2009. Diese amtliche Statistik wird seit 1993 jährlich als Vollerhebung durchgeführt. Alle Krankenhäuser in Deutschland sind auskunftspflichtig. Erfasst werden alle Patienten, die im Berichtsjahr aus der vollstationären Behandlung eines Krankenhauses entlassen werden. Im Jahr 2009 waren dies über 18 Millionen Patienten, damit ist die Fallzahl im Vorjahresvergleich erneut angestiegen. Die Ergebnisse der Diagnosen werden nach wichtigen Indikatoren wie Hauptdiagnosen, Alter, Geschlecht und Verweildauer dargestellt. Aufgrund geschlechts- und altersspezifischer Morbiditätshäufigkeiten werden die Ergebnisse teilweise standardisiert und so um den demografischen Effekt bereinigt. Dadurch sind bevölkerungsunabhängige Aussagen möglich.

Fallpauschalenbezogene Krankenhausstatistik: Diagnosen und Prozeduren der Krankenhauspatienten auf Basis der Daten nach § 21 Krankenhausentgeltgesetz

Jutta Spindler

Mit den DRG-Daten nach Paragraph 21 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) steht den Nutzern im Rahmen des Angebots des Statistischen Bundesamtes seit dem Jahr 2005 neben den Grund- und Kostendaten und den Diagnosedaten der Krankenhäuser eine weitere wichtige Datenquelle zur Verfügung. Gegenstand dieses Beitrags sind zentrale Ergebnisse zur stationären Versorgung des Jahres 2009, die das Informationsspektrum der herkömmlichen amtlichen Krankenhausstatistik ergänzen und erweitern. Im Vordergrund stehen die Art und Häufigkeit durchgeführter Operationen und medizinischer Prozeduren sowie die Darstellung wichtiger Hauptdiagnosen, ergänzt um ihre jeweiligen Nebendiagnosen auch unter fachabteilungsspezifischen Gesichtspunkten der vollstationär behandelten Krankenhauspatientinnen und -patienten. Ausgewählte Ergebnisse zum erbrachten Leistungsspektrum der Krankenhäuser, insbesondere zur Art und zum Umfang der abgerechneten Fallpauschalen (DRGs) und den Hauptdiagnosegruppen (MDCs) werden in diesem Beitrag ebenfalls dargestellt.

Teil V Krankenhaus-Directory

Krankenhaus-Directory 2010 – DRG-Krankenhäuser im ersten Jahr nach der Budgetkonvergenz

WIdO

Im diesjährigen Directory deutscher Krankenhäuser gehen neben Eckdaten aus den Budgetvereinbarungen1 auch Informationen zu QSR-Behandlungsergebnissen2 aus den Jahren 2007–2009 für AOK-Versicherte in den vier Leistungsbereichen „Einsatz eines künstlichen Hüftgelenks bei Coxarthrose“ (Hüft-EP), „Einsetzen einer Endoprothese oder osteosynthetische Versorgung nach einem hüftgelenknahen Oberschenkelbruch“, „Einsatz eines künstlichen Kniegelenks bei Gonarthrose“ (Knie-TEP) sowie „Gallenblasenentfernung bei Gallensteinen“ ein. Insgesamt finden 1.613 Krankenhäuser Eingang.

1 Die Daten stammen aus den Unterlagen zur Verhandlung von DRG-Krankenhäusern, den „Aufstellungen der Entgelte und Budgetermittlung“ (AEB) gemäß Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG).
2 Die Abkürzung QSR steht für „Qualitätssicherung mit Routinedaten“.