Leistenbruch-OPs und Hüftprothesenwechsel: Große Qualitätsunterschiede zwischen Kliniken
AOK-Krankenhausnavigator mit aktuellen Ergebnissen
Eine aktuelle Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK zeigt große Qualitätsunterschiede zwischen Kliniken bei Leistenbruch-Operationen und Hüftprothesenwechseln. Die Qualitätsergebnisse der Kliniken auf Basis des Verfahrens zur „Qualitätssicherung mit Routinedaten“ (QSR) können Patienten und Ärzte im Online-Portal AOK-Krankenhausnavigator abrufen.
Leistenbruch-OPs: Halb so viele Komplikationen in überdurchschnittlichen Kliniken
Leistenbruch-Operationen wurden zwischen 2015 und 2017 bei knapp 130.000 AOK-Versicherten in 980 Kliniken in Deutschland durchgeführt. Es ist das erste Mal, das in Deutschland klinikbezogene Qualitätsdaten zu Leistenbruch-Operationen veröffentlicht werden, denn dieser häufige bauchchirurgische Eingriff wird in der gesetzlichen Qualitätssicherung bisher nicht berücksichtigt. Im Durchschnitt traten bei 3,8 Prozent der Patienten innerhalb von 90 Tagen nach der Leistenbruch-OP chirurgische Komplikationen auf. Bei 3,4 Prozent gab es einen erneuten Leistenbruch oder chronische Schmerzen im ersten Jahr nach dem Eingriff.
Allerdings zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Krankenhäusern: Im Viertel der Kliniken, die am besten abschneiden, lag die Gesamt-Komplikationsrate bei 5,1 Prozent. Im Viertel der Kliniken mit der schlechtesten gemessenen Behandlungsqualität hatten die Patienten dagegen eine deutlich höhere Komplikationsrate von 9,1 Prozent. In überdurchschnittlich bewerteten Kliniken treten nur halb so viele Komplikationen wie im Bundesdurchschnitt auf. Leistenbruch-Operationen sind in der Regel gut planbar, sodass Patienten die Ergebnisse der Kliniken in ihrer Umgebung vor der Operation vergleichen können.
Hüftprothesenwechsel: Viele Kliniken mit wenigen OPs
Neu sind im AOK-Krankenhausnavigator auch Qualitätsdaten zu Hüftprothesenwechseln. Diese Operation ist deutlich komplikationsträchtiger als die Erst-Implantation einer Hüftprothese, denn häufig lässt sich das neue Implantat nach dem Entfernen der alten Prothese nicht gut verankern. In die QSR-Bewertung konnten knapp 9.000 AOK-Fälle aus den Jahren 2015 bis 2017 einbezogen werden, die in 169 Kliniken mit mindestens 30 Wechsel-OPs pro Jahr behandelt wurden. Auch hier zeigten sich deutliche Unterschiede in der Qualität der Behandlung: Im Viertel der Kliniken mit den besten Ergebnissen lag die Rate von ungeplanten Folge-OPs innerhalb eines Jahres nach dem ersten Eingriff bei 10,3 Prozent, im Viertel der schlechtesten Kliniken dagegen bei 18,9 Prozent. Auch bei den Sterblichkeitsraten zeigte sich eine große Spanne zwischen den Kliniken (von 0 bis 3,3 Prozent). Bemerkenswert ist die hohe Zahl von Kliniken, die diese schwierige Operation selten durchführen. Wie für viele andere chirurgische Eingriffe gilt jedoch auch für den Wechsel der Hüftprothese: „Übung macht den Meister!“ Da aus statistischen Gründen keine klinikindividuelle Qualitätsbewertung bei Kliniken mit weniger als 30 OPs bei AOK-Patienten in drei Jahren erfolgen kann, wird im Krankenhausnavigator besonders darauf hingewiesen, dass diese Kliniken im Durchschnitt erhöhte Komplikationsraten haben. Patienten sollten sich bei einer solch komplizierten Operation für eine Klinik mit viel Erfahrung und Routine entscheiden.
QSR-Verfahren ermöglicht fairen Klinikvergleich
Das seit 2002 vom Wissenschaftlichen Institut der AOK entwickelte QSR-Verfahren ermöglicht durch Auswertung von Abrechnungsdaten der Kliniken und niedergelassenen Ärzte eine Messung der Behandlungsqualität über den eigentlichen Krankenhausaufenthalt hinaus: Berücksichtigt werden auch Komplikationen und Folgeereignisse wie Revisions-OPs, die innerhalb eines Jahres nach der Entlassung des Patienten auftreten. Ein aufwändiges statistisches Verfahren, das unter anderem Alter, Geschlecht und bereits bestehende Grunderkrankungen der Patienten berücksichtigt, sorgt für einen fairen Vergleich der Kliniken. Das Verfahren zur Qualitätssicherung mit Routinedaten wird unter Beteiligung von Fachexperten der jeweiligen medizinischen Fachgebiete ständig weiterentwickelt und ausgebaut.
Die Ergebnisse der Datenauswertungen werden im AOK-Krankenhausnavigator automatisch angezeigt, wenn ein Nutzer eine der Behandlungen eingibt, zu denen QSR-Daten vorliegen. Aktuell sind dies neben den beiden neuen Eingriffen der Einsatz eines künstlichen Knie- oder Hüftgelenkes bei Arthrose, die Operation nach hüftgelenksnahen Oberschenkelbruch, Gallenblasenentfernungen bei Gallensteinen, therapeutische Herzkatheter (PCI) bei Patienten ohne Herzinfarkt, Blinddarmentfernungen sowie Operationen bei gutartiger Prostatavergrößerung und zur Prostataentfernung bei Prostatakrebs. Auch für diese Behandlungen sind die Bewertungen der Krankenhäuser im Oktober 2019 aktualisiert worden.